Inhalte des FathersCamps 2016 – wir lernen mannhafte Vaterschaft. Männer erziehen gut – aber anders!
Die Welt ist schöner geworden – aber falls sie es noch bemerkt haben sollten –Väter haben heute mehr Zeit als unsere Väter füher. Aber unsere Welt ist auch anders geworden – unsere Seele (und oft auch die von der Gemeinde) hinkt zwischen alter und neuer Welt – und so entsteht viel unnötiges Leid. Wir sind in der Welt längst in der Postmoderne angekommen – einer Welt der Innerlichkeit und Selbstverliebtheit – wir aber hören sonntags in der Regel keinen Gegenpol – schon gar nichts zum Thema Vaterschaft heute. Darum fangen heute viele Gemeinden mit Männerarbeit an – zu viele Gemeinden glauben noch an BWL, Management und Amtsdenken …. wo Gott sich doch eine Familie wünscht, wo er mit uns der Vater sein kann …. und wir merken es nicht, dass unsere Welt sich längst sich um „Innere Dinge“ dreht! Der Markt ist voller Psychozeitschriften – und die werden wirklich massenhaft gekauft und gelesen! Hat uns die Welt unsere einstige Innerlichkeit gestohlen?
Laut Untersuchung sind angeblich 94% der amerikan Christen unzufrieden mit ihrer Gemeinde (aus: „Makarios“ _ Manfred Engeli 2015 – als Grund geben sie an: Sie bekommen keine Hilfe für ihren Alltag – es sind 2 Welten! Das eine hat nichts ,´mit dem anderen zu tun. Es fehlt der „Pontifex Maximus“ – der beste Brückenbauer von oben und unten! Bibel und Realität. Also bauen wir doch selber die Brücke … und lernen die Ufer kennen. Ich bin Ingenieur, unterrichte Statik, wie schlimm wenn der Boden nicht untersucht ist, auf dem die Brücke gebaut werden soll.
- Unsere Väter hatten ein Kriegsmännerbild, sie waren die Wirtschaftswunder-Väter – es ging um einen äußeren Aufbau und das ist ihnen so gut gelungen, dass heute fast die ganze Welt so leben will wie wir Deutschen (man sagt etwa 100 Mio Menschen sind abmarschbereit nach Deutschland!).
Heute aber ist die Welt aufpsychologisiert – man will sich in der Innenwelt auskennen. Früher ging es sehr um Strukturen, Erfolg, knappes Wirtschaften – heute geht es um den Umgang mit Inneren Dingen wie echte Nähe, gelebte Beziehung, warmherzige Vaterschaft, ……. Wo erfahre ich da konkrete „Ausbildung“? Anleitung zum Mann- und Vatersein heute – schließlich ist man Vater nicht nur sonntags – sondern 7 Tage 24 Stunden, 50 Jahre lang …. das ist ein zentrales Lebensthema – meine 5 Kinder sind nun 20 bis 30 – und kein Ende der Vaterschaft in Sicht.
2. Unsere Väter blieben bei Ihren Frauen – eine Trennung war nicht vorgesehen. Das Eheverständnis hat sich grundlegend gewandelt . Geht die Frau arbeiten (und verdient Geld) ändert sich das Rollenverständnis fundamental – aus der aufopfernden Frau wurde ein selbtbewustes , oft vom Mann als hart empfundenes Gegenüber des Mannes. Starke Frauen lösen auf viele junge Männer Angst aus – sie können schönen Frauen nicht wiedersperchen und schlecht eine Familie selbstbewusst führen. Sie hängen sich an die Frauen – die wollen aber erwachsene freie Männer! Keine nach Sex bettelnde Jungs in großen Körpern.
3. Das Männerbild unserer Vaters bezüglich der Arbeit ist überkommen – aus dem erfolgsversessenen Einzelkämpfer wurde ein guter Teamplayer mit innerer Abgrenzung zu den Forderungen des Chefs . Aus dem Kadavergehorsam unserer Väter wurde Eigenverantwortung. Viele Gemeinde pochen noch unbewusst sehr auf Gehorsam!
4. Die Anforderungen an „Gute Männer“ sínd heute ganz anders. Früher wurde von einem Mann erwartet, dass er genug Geld mit nach Hause bringt – das reichte aus. Heute wird von Ihm Beziehung, Wärme, Verständnis, von Kindererziehung erwartet – das hat er bei seinem (Nachkriegs-) Vater aber nie gesehen oder vorgelebt bekommen.
5. Unsere Kinder werden von Frauen erzogen – es gibt nur noch 2,8% Männeranteil in der frühkindlichen Erziehung. Wir haben kein Muster dafür, wie ein Mann erzieht – fasst er die kids etwas härter an, ist er aus Frauensicht gleich ein Verbrecher!
6. Im alten Land hat man seine Gefühle weggedrückt – Sieger war der beste Verdränger. Heute aber will man diese harten Knochen nicht mehr – der Mann muss lernen mit Gefühlen umzugehen.
Also herzlich willkommen in der „Neuen Welt“ – dein Körper ist schon drinnen – lass mal mal dein geistliches, väterliches, emotionales Inneres nachreisen – Familienzusammenkunft … und in dieser Welt lässt sich das Christsein wunderbar leben – sie ist wirklich besser geworden! Das wird dann schon wieder anders werden wenn die Genderwelle oder die Aufislamierung uns ganz überrollt hat, weil kein Christ dagegen aufsteht.
Was ist ein hinreichend guter Vater? Realer Bevaterungsaufwand heute?
1. Die große/kleine Geschichte der Vaterrolle
2. Jesu Familiengeschichte
3. Wie geschieht die Erziehung zu Vätern?
4. Die Rollenumkehr zwischen Vater und Sohn
1. Die große und kleine Geschichte der Vaterrolle
Erziehung reicht nicht aus. Gut erzogene Kinder machen noch lange keinen guten Lebensweg (Michael Winterhoff: Tyrannen müssen nicht sein (Warum Erziehung nicht ausreicht), Goldmann Verlag 2010)
Was ist es dann, was einen guten Vater ausmacht?
Allgemein schmerzlich anerkannt ist mittlerweile die Tatsache, dass es sich in unserer Gesellschaft um eine durchweg vaterlose Gesellschaft handelt. (Alexander Mitcherlich: Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft, Beltz 2003, 5. Auflage). Schon 1988 wurde der Wert des Themas für den christlichen Bereich entdeckt und übernommen. Die ersten Bücher hierzu kann man in vielen Regalen christlicher Häuser heutzutage noch vorfinden. (Michiaki und Hidegard Horie: Auf der Suche nach dem verlorenen Vater, Brockhaus 1988). Instinktiv spürte man, dass das Vaterthema von elementarer Bedeutung für die Gottesbeziehung sein muss. Es wurde aber kein großflächiges Programm zur Überwindung der Vaterlosigkeit inszeniert. Die große Geschichte ist immer die, dass von dem Wunderbaren, das Gott erschaffen hat, etwas verloren geht und dass Männer und Frauen aufstehen und mit einem mächtigen Ruf und viel Kraft und Abenteuer es schaffen, dies wieder zurückzubringen.
(John Eldredge: Der ungezähmte Mann, Auf dem Weg zu einer neuen Männlichkeit, Brunnenverlag 2011, 13. Auflage)
Eine der kleinen Geschichten ist die Meinige: Ab 1990 wurden kleine Vater-Sohn- oder Vater-Tochter-Seminare von mehreren christlichen Organisationen „versuchsweise“ angeboten. Ich selbst war mit meinem damals 5jährigen Sohn dabei und startete danach mein eigenes „FathersCamp“ mit einem mehr handwerklichen Hintergrund. Die reine Theorie war mir damals zu abstrakt. Mittlerweile ist mein großer Sohn 28, ist jedes Jahr mit mir dort hingegangen und hat an meiner Seite „gekämpft“. Nun ist er verheiratet und übernimmt einen kleinen Teil davon. Auch seine Frau macht beim Kinderprogramm mit. Einmal im Jahr also ziehen wir los, alle 5 „Kinder“ an der Seite des Vaters und machen dieses Camp. Nicht viele Männer waren bereit, sich diesem Thema wirklich zu stellen. Wir starteten mit 18 Männern, waren dann teilweise über 100 Väter, nun sind wir immer so 40 bis 70 Männer. Vermutlich saß der Schmerz viel zu tief als das man hätte darüber reden können. Oder es konnte wegen meinem unzulänglichen Organisationstalent nicht weiter wachsen. Nun haben sich „FathersCamp“-Ableger im Nachbarort und meinem eigenen Wohnort gebildet, die dies so ähnlich mit 40 bis 60 Vätern durchführen.
Mehrere Bücher und Artikel sind nun zu diesem Thema veröffentlicht worden. Es scheint so, als ob dieses Thema nun diskussionsbereit und salonfähiger wird, was mein langjähriges Gebet erfüllt.
(Väter, was sie so besonders macht, GEO Wissen, 2010)
Aber wie ist deine kleine Geschichte als Vater? Mussten wir nicht alle geben, was wir selbst nicht erhalten haben? Haben wir genug Liebe „zusammengekratzt“ und versucht, gute Väter zu sein? Oder sind wir in den Beruf geflüchtet und haben „die Sache mit den Kindern“ den Frauen überlassen?
Warum spricht man heute von Vaterarmut?
„In der Agrargesellschaft vor den Kriegen waren deutsche Väter am Leben ihrer Kinder sehr beteiligt. Sie gaben ihr Wissen bezüglich Ackerbau und Verteidigung des Hofes weiter. Die Kinder waren wichtige „Produktionsfaktoren“, die das eigene Überleben sicherten. Nach dem zweiten Weltkrieg finden wir abwesende, misshandelnde und vernachlässigende Väter vor, die die Vision für das Leben ihrer Kinder im Krieg gelassen hatten.“
(Steve Biddulp: Männer auf der Suche – 7 Schritte zur Befreiung, Heyne 2003)
In den Kriegsjahren überließ man zwangsweise die Erziehung den Müttern. Kinder waren Frauensache. Viele Männer rührten in diesen Jahren ihre Kinder tatsächlich nicht leiblich an. Kein Streicheln, keine Liebkosungen, kein Raufen – das alles „tut ein Mann nicht“.
Anders in Amerika. Dass Väter durchaus erziehen können, haben sie seit der Weltwirtschaftskrise dort bewiesen. Die meisten Superkids in Amerika sind Vaterkinder. Da ist die Mutter weg, weil sie arbeitet, und der arbeitslose Vater zuhause nimmt sich vor, aus seinem Sohn etwas zu machen. Die Erfolge grenzen an Wunder. Bevaterte Kinder sind eben Wunderkinder. Sicher haben sie andere Defizite wie gut bemutterte Kinder. Was besser ist, braucht nicht diskutiert zu werden. Im Spannungsfeld zwischen väterlicher und mütterlicher Zuwendung entstehen immer die stabilsten Kinder.
„Erstaunlich war die Feststellung, dass „Superkids“ in der Regel Vaterkinder sind, bei der die Mutter die Versorgerrolle übernommen hat!“
(M.O.Connel: The good father, New York 2005)
Bevaterte Kinder wissen, wozu sie auf dieser Welt da sind. Man hat ihren beigebracht, dass man nicht nur für sich selbst sorgen muss, sondern auch für andere. Nicht initiierte Jungen leben nur für ihren eigenen Genuss: Fernsehen, PC-Spiele, Fußballkarriere, Spaß haben mit anderen, …, Drogen, Alkohol. Bevaterte Kinder können später wesentlich besser eine Beziehung leben, einen Job erwerben oder sich in einem Verein unentgeltlich engagieren. Der unbevaterte Junge wählt immer das kurzfristig im Moment jetzt mehr spaßgebende „Kurz-Abenteuer“ (Suchtverhalten).
Mittlerweile liegen deutlich sprechende Forschungsergebnisse zur Vater-Forschung vor. Man weiß, wie recht Alexander Mitcherlich schon damals hatte: Kinder brauchen einen Vater und eine Mutter!
Aber gerade auch in Glaubensfragen hat der Vater immensen Einfluss auf das Leben seiner Kinder.
Wie konnten wir nur den Vater aus der Erziehung der Kinder streichen? Wenn Väter nicht mehr da sind, wird auch der Glaube an die nächste Generation nicht mehr weitergegeben, was Dan Schaeffer ausführlich beschreibt.
(Dan Schaeffer: Geistliche Väter, CMT-Verlag 2010)
Männer mit einer ausgeglichenen Vaterbeziehung stehen selbstbewusst und überaus mit Erfolg gesegnet mit beiden Beinen im Leben. Das muss der vaterarme Mann neidvoll zugeben. Väter wiesen einen wesentlich besseren Burnout-Schutz auf als gleichaltrige Geschlechtsgenossen!
Selbst in der Tierwelt kann man Ähnliches beobachten: In Südafrika wurde ein neues Reservat eingerichtet. Elefanten wurden ausgewildert, allerdings nur bis 2 Tonnen Lebendgewicht, also junge Bullen und Elefantendamen. Die Folgen waren verheerend. Bäume wurde massenhaft ausgerissen, Nashörner aufgespießt, Autos umgeworfen. Niemand wusste zunächst warum. Von einem auf den anderen Tag war schlagartig das Problem weg, alle verhielten sich völlig normal. Der Grund: Man hatte einen anderen Viehtranssporter gekauft und zwei erwachsene Bullen umgesiedelt. Diese Bullen „taten nichts“, fächerten nur behäbig mit den Ohren. Die Jungen orientierten sich sofort an dem fürsorglichem Verhalten der „Väter“ und wussten nun, wie sich männliche Bullen verhalten.
(Richard Rohr: Die Masken der Maskulinen, Claudius 1993)
2. Jesu Familiengeschichte
Jeder kleine Junge möchte mit seinem Vater eins sein, so wie Jesus eins war mit seinem Vater. Egal, ob nun Jesus oder ein Junge – es gibt einem einen prächtigen Selbstwert diesen Satz auszusprechen wie Jesus es tat.
Joh 10,30: „Ich und der Vater sind eins.“
Ein Junge möchte ein Mann sein wie sein Vater.
Der biblische Normalfall sieht für eine gesunde Ausbildung von Männlichkeit einen 100 % igen Vatersegen vor. Jede Abweichung davon verursacht eine blutende Vaterwunde, für die der Junge Heilung durch eine andere Männergemeinschaft sucht. Gott plante von Anfang an, dass ein leiblicher Vater mit seinem eigenen männlichen Samen ein Kind zeugt, diesem Kind Urvertrauen für sein späteres Leben einflößt und ihm dann sein Selbstverständnis vom gesunden Mannsein übereignet. Gott Vater im Himmel hat auch einen Sohn (Jesus) und er wusste, dass er diesem, seinem irdischen Sohn, etwas mitzugeben hatte. Und er tat dies in aller Öffentlichkeit.
Mt 3,17: „Und siehe, eine laute Stimme kam vom Himmel herab und sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“
Der Vater muss dem Sohn Bedeutung geben, damit er sich sein Leben lang bedeutsam, wichtig und damit selbstwertig fühlen kann. Hinzu kam früher direkt der materielle Segen des Vererbens, meist die Fortführung eines begonnen Werkes (z. B.: ein Handwerksbetrieb) und eine klare Aufgabenbeschreibung: Das ist dein Job, den tue zu deinem eigenen Segen und kümmere dich gefälligst um die, die dich umgeben. Der Sohn denkt bei sich: Wenn ich diesem Mann wichtig bin und eine Rolle in seinem Leben spiele, dann werde ich vielleicht in der großen Welt auch eine wichtige Rolle spielen. Die kleine und die große Vatergeschichte spielt eine beträchtliche Rolle!
Der Segen des Vaters muss auf dem Sohn ruhen, dass dieser Größe entwickeln kann. Ein Mann wird Schwierigkeiten haben, an sich zu glauben, wenn der Vater nicht an ihn geglaubt hat.
Der Vater verewigt sich in seinem Sohn, der Vaterschafts-Code ist gut gesichert, tief im Herzen des Mannes eingebrannt und nur schwer zu öffnen. Was ein Kind von seinem Vater erwartet, ist nichts Unrechtes. Gott hat dem Vater im Leben seines Sohnes beträchtliche Zugriffsrechte eingeräumt. Wenn ein Vater seine Vaterschaft nicht lebt, entsteht bei beiden – bei Vater und Sohn – ein fast irreparabler Schaden.
Vaterlosigkeit ist die größte Behinderung auf dieser Welt, die ein Mann abbekommen kann. Der Mechanismus von Vaterlosigkeit wirkt schwerwiegend auf die Seele eines Sohnes. Zu wenig bevaterte Männer sind immer auf Suche nach Bedeutung und Größe. Das hat Gott so eingerichtet.
Die Welt ist auf große Männer und große Frauen angewiesen, weil es große Aufgaben zu bewältigen gilt. Aber woher kommen sie? Wer mit einem Vaterdefizit aufwachsen muss, hat einen sehr weiten Weg zur persönlichen Größe. Aber es ist möglich!
Dieses Lebensgefühl, Teil von etwas Größerem zu sein, braucht jeder Mann zur wahren Männlichkeit und dies geht vom Vater auf den Sohn seit Ewigkeiten über. Der Vater muss den Sohn lehren, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Es bedeutet eben nicht nur ein „Selbstversorger“ zu werden, der schaut, dass es grade so für ihn reicht. Es heißt, es zu erlernen für andere zu sorgen, sei es die eigene Familie, die eigene Firma oder den Wahlbezirk des Staatsdieners. Ich kenne wenige Männer, die dies wissen. Die meisten Männer mussten damit leben, dass die wichtigste Person in ihrem Leben ihnen kein Segen war, und sie leben genauso für sich, wie sie es sich bei ihrem Vater abgeschaut haben, der nur für sich schaute, dass er zurechtkam.
Das System dieser Welt bringt keine wirklich großen Männer hervor. Männliche Größe in einem Sohn muss von einem Vater entwickelt worden sein. Ein System ohne Vaterfiguren, an die man glauben kann, fühlt sich immer kalt und hohl an, egal ob es christlich oder weltlich ist. Den meisten Jungen wird dieser Wunsch nach echter Größe recht schnell ausgetrieben. Ihnen bleibt nur, im Fernsehen ihre Helden anzusehen oder Bücher darüber zu lesen. Ein Junge will immer ein Held sein, das kann man ihm nicht austreiben. Ein Junge will immer einen Vater haben. Und wenn er keinen hat, so sucht er sich einen, der uns vielleicht gar nicht recht erscheint.
Gute Vorsätze des Vaters bei der Geburt wie, ich will ihm ein guter Vater sein, haben oft zu wenig Substanz. Der typisch deutsche Vater verabschiedet sich emotional recht früh von seinem Sohn – zwischen 4 und 14 Jahren. Interessanterweise ist dies genau dann der Fall, wenn auf der inneren, „geistigen“ Uhr des Mannes die Stunde geschlagen hat, als er von seinem Vater innerlich aufgekündigt wurde.
Man weiß aus der systemischen Psychologie, dass immense Kräfte zwischen Vater und Sohn wirken, und nur gute Seelsorger schaffen es, sie aufzubrechen und damit richtig umzugehen.
Gott mutete seinem Sohn Jesus vieles zu. Er war Flüchtlingskind, er wuchs in einer großen Familie mit 5 Brüdern auf, er war trotz seines Intellektes „nur“ Zimmermann.
Mt 13,55: „Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria, und seine Brüder Jakobus und Josef und Simon und Judas?“
Was Gott ihm nicht versagte war ein warmherziger, gütiger Vater und eine recht kämpferische Mutter.
(Bruners, W: Wie Jesus Glauben lernte, Christopherusverlag 1988)
Jesus war ein Kind. Auch er musste in seiner Kindheit lernen, mit Defiziten umzugehen und musste es lernen zu glauben, und er erstarkte daran!
Auch die Vollmacht des Sohnes Gottes war klar beschränkt auf das, was er den Vater tun sah.
Joh 5,19: „Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“
Jesus hat sich anscheinend wohl fast alles bei seinem himmlischen Vater abgeschaut. Warum meinen wir eigentlich, dass wir wesentlich mehr hinbekämen, als wir unseren Vater haben tun sehen? Wir sind nicht besser als unsere Väter. Erziehung reicht nie aus. Vaterschaft ist etwas sehr viel tieferes als nur Erziehung. Sie setzt am Generationenvertrag an. Nur wer seine eigene Vatergeschichte „verdaut“ hat spürt, was Vaterschaft bedeutet.
Jesus begegnete Menschen, die von diesem Zusammenhang nichts wissen wollten, mit einem gewissen Unverständnis. Was war ihm aus seiner Beziehung zu Josef offensichtlich sonnenklar?
Joh 14,9: „Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater! Wie sprichst du dann: Zeige uns den Vater?“
Joh 8,19: „Da fragten sie ihn: Wo ist dein Vater? Jesus antwortete: Ihr kennt weder mich noch meinen Vater; wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater.“
Jesus hat trotz seines häufig abwesenden leiblichen Vaters Josef eine hervorragende Beziehung mit Gott, seinem himmlischen Vater, hinbekommen. Dazu allerdings brauchte auch er als sogenannter „Gottessohn“ immerhin 30 Jahre innere Fleißarbeit.
Die Pharisäer jedoch wussten nichts von solchen Zusammenhängen, sie verurteilten ihn genau aus diesem Grunde.
Matth 26,63: „Jesus aber schwieg. Und der Hohepriester sagte zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes!“
Die Mutter wird von einem Jungen als Verlängerung des eigenen Ichs erfahren. Die Mutter kann man mit lautem Schreien oder einem süßen Kinderlächeln umstimmen. Der Vater dagegen ist der erste andere, der in mein Leben tritt. Mit der Mutter ist man von der Zeugung an schon symbiotisch verbunden, der Vater ist der „Graue Riese“, der so schrecklich anziehend und doch so anders ist wie ich. Das Wesen der Mutter kennt man „schon vor der Geburt“. Das Wesen eines Vaters zu ergründen dauert hingegen ein Leben lang.
Aber auch Jesus musste sich „Entmuttern“ und er tat das unverhältnismäßig garstig!
Mt 12,48: „Er aber antwortete und sprach zu dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“
Natürlich bekommen auch Mädchen eine Vaterwunde ab, aber bei ihnen installiert meistens noch die konstanter anwesende Mutter einen Teil der weiblichen Software. Aber selbst die beste Mutter kann einem Jungen das männliche Betriebssystem nicht überspielen, es funktioniert einfach anders.
Die Mama kann einfach aus dem Jungen keinen Mann machen, auch wenn sie Tag und Nacht am Sohn „herumerzieht“. Oft wird der Vater in der Erziehung der Kinder als der Schwächere dargestellt. Ihm fehlen Liebe, Nähe und Wärme. Tatsache aber ist, dass seine Liebe anders ist, und er sie eben ganz anders zum Ausdruck bringt als eine Frau.
In der Regel folgt der Untervaterung eine Übermutterung. Damit entsteht im Herzen eines Junges eine falsche Polung, mit der er sein Leben lang zu kämpfen hat.
Römer 8,15: „Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater!“
Jesus war bis zuletzt ein Familienmann. Er ordnete noch kurz vor seinem Tod diese letzte Familienangelegenheit.
Joh 19,26: „Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn!“
Wir kommen in diese Welt dank einer Beziehung, die sich Familie nennt. Wir kommen ins Reich Gottes dank eines Beziehungsgeflechtes, das wir Kirche oder spirituelle Familie nennen. Die natürliche und die spirituelle Familie scheinen sich gegenseitig zu brauchen – jeweils um ein Abbild zu bekommen. Die natürliche Familie braucht die geistliche, weil sie sonst in die Isolation gerät. Die spirituelle Familie braucht die natürlichen, weil sie sonst kalt, durchorganisiert, unpersönlich, ideologisch, zweckorientiert und lieblos wird. … Auch in die Familie Gottes eingebunden zu sein, kann lebend- oder todbringend sein. Die Kirche verfügt genau wie die Blutsverwandtschaft über die größte Macht, Menschen zu verwunden, und zugleich die größte Macht, Menschen zu heilen.
(R. Rohr: Nicht die ewige Leier, Herder 1993)
Irgendwie spüren wir, dass es sich um einen weiten Weg handeln muss, weil wir uns offensichtlich sehr weit davon entfernt haben, was in Gottes Augen einen tollen Mann, einen tollen Vater und eine starke Gemeinde ausmacht. Aber es lohnt sich, dies alles zu ergründen, eben weil es unser Grund ist, auf dem wir stehen und den Gott so zugelassen hat. Aber wir wissen bislang nicht viel und leben noch viel weniger. Am besten man fängt mit dem „am eigenen Leib Erfahrenen“ an zu graben.
3. Wie geschieht die Erziehung zu Vätern?
Vaterschaft in den ersten 3 Kindheitsjahren
Männer sind nicht von Geburt des ersten Kindes an gute Väter. Sie müssen in ihrer Vaterschaft lebenslang wachsen. Die Hingabe an das Kind muss erst recht lang geübt werden. Und was viele zunächst nicht glauben möchten: Es schadet der beruflichen Karriere keineswegs!
Männer mit zu starker Außenfixierung erschaffen für ihre Kinder zunächst wenig Platz im „Inneren Männlichkeits-Raum“. Schwierigkeiten in der Familie verhelfen oft ungewollt zu einer Umorientierung. Indem sie lernen „ihr Herz“ (= Zeit) zu verschenken, lösen sie sich von äußeren Aufgaben und können sich danach oft freier und unbeschwerter ihren Anforderungen im Beruf stellen. Mit diesem „Vaterschaftsnebenjob“ können sie oft langfristig mit mehr Leistungsbereitschaft arbeiten als kinderlose, gleichaltrige Geschlechtsgenossen. Väter mit vielen Kindern waren oft bedeutungsvolle Gesellschaftsumgestalter.
(Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010)
Im Laufe des Lebens finden Männer wiederholt Gelegenheit, sich mit den Eltern zu versöhnen und offene Konflikte zu klären. Söhne beeinflussen ihre Väter genauso stark wie umgekehrt Väter ihre Söhne. Dies gilt ebenso für Mädchen, aber bei Söhnen ist alles wesentlich komplizierter und komplexer. Väter, die ihre Vaterfunktion ernst nehmen, machen emotionale psychische und moralische Veränderungen durch. Engagierte Väter sind offener, emotional agiler, flexibler und gesünder als gleichaltrige Geschlechtsgenossen. Das Vatersein kann Männern helfen, ihr Männlichkeitsbewusstsein zu stabilisieren.
(M.Greenberg: Ein Vater wird geboren, Fischer 1992)
Junge Männer möchten gerne Vater sein. Trotz des heutigen „DINKI-Daseins“ (Double Income, no kids) spüren Männer, dass sie etwas weitergeben müssen. Häufig scheiden für sie in der Partnerwahl Frauen, die keine Kinder haben möchten, aus. Die Kinderfrage ist öfter auch ein Trennungsgrund.
Jeder Mann hat einen Vatertrieb – die Fähigkeit, eine väterliche Bindung einzugehen, zu entwickeln und zu versorgen, will gestillt sein. Jeder Mann „muss“ Versorgungsinstinkte ausleben, sonst fühlt er sich unmännlich. Er kann sie auf Firmenebene und zuhause ausleben. Männer sind stolz auf den Schöpfungsakt. Männer haben immer den Wunsch, etwas zu erschaffen und es zum Gedeihen zu führen. Männer, die diese Eigenschaft verleugnen, werden zum flüchtenden Vater . Hier ist der Workaholic die häufigste Form davon.
(Richard Rohr: Vom wilden zum weisen Mann, Claudius 2006)
Die ersten Lebensjahre müssen Männer lernen, mit den Frauen zu kooperieren. Der Vater entwickelt sich oft zum Gefühlsmanager seiner Frau, die oft wechselhaft auf die neue Situation reagiert. Er hilft, die Ängste der Mutter zu lindern, ob sie alles hinbekommt und vermittelt so dem Kind: „alles wird gut“. Dieses Elternbündnis ist für das Kind eine verlässliche Umgebung. Der Vater managt die Gefühle des Kindes indirekt, indem er die Bedürfnisse seiner Frau respektiert und ihr so die bedingungslose Zuneigung zu dem Kind ermöglicht. Dann aber muss der Mann auch wieder die Frau herausholen aus ihrer Mutterrolle und sie zur Frau nehmen – dies tut er zunächst instinktiv über Sexualität. Ein fürsorglicher Vater und ein aufregender Liebhaber wird zu einem unverzichtbaren Anker für die ganze Familie.
(David G. Gilmore: Mythos Mann, wie Männer gemacht werden, München 1993)
Das allgemeine Wohlbefinden des Mannes in den späteren Jahren hängt davon ab, wie sehr der Junge diese Stabilität seines Vaters damals wahrgenommen hat.
(M.E. Lamp: Fathers and Childdevelopment, 1981/2002)
Jedem Mann ist ein gewisser Vaterinstinkt sozusagen angeboren.
„Das winzige, verletzliche Menschlein übt einen gewaltigen Einfluss auf den Vater aus: sein Vaterinstinkt als Beschützer und Ernährer wird aktiviert. Indem er diese Rolle annimmt, entdeckt er viele Persönlichkeitsanteile, die er zuvor ignoriert hatte. Die Anteilnahme darf sich nicht nur auf äußere Dinge fokussieren, wie Windeln zu wechseln oder Elternabende zu besuchen, sondern dem inneren Erleben des Kindes. So sind Väter gezwungen, ihr eigenes Innenleben, ihre Gefühle, Gedanken, Erinnerungen und Impressionen ernst nehmen. Je mehr sie ihre inneren Vorgänge betrachten umso mehr verstehen sie die Welt des Kindes. Verweigern sie Vaterschaft, bleibt auch dieser Teil ihrer eigenen Seele leer.
(S. Osherson: Männer entdecken ihre Väter – die ersehnte Begegnung, Herder 1996)
Männern ohne Kinder steht es gut an, sich dennoch auf dann eben die Kinder anderer Männer einzulassen, weil so in ihrem Inneren etwas von Gott angelegtes weiterwächst. Die Bibel drückt diesen Zusammenhang schlicht und treffend aus.
Mt 18,5: „Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“
Insbesondere unsere Empathie (Einfühlungsvermögen) „kupfern“ wir uns von unserem Vater instinktiv ab, aber auch andersherum. Wo kann der Mann besser Empathie erlernen als an einem weinenden Kind. Sicher stresst ihn der „plärrende“ Knabe, aber so lernt er, anderes kurzfristig hinten anzustellen und sich um Wesentliches zu kümmern.
Schon Rousseau schrieb 1762, dass der Mutter eine natürliche „geniale Mütterlichkeit“ wie selbstverständlich „angeboren“ sei, während der Vater erst im Laufe der ersten Jahre seine Väterlichkeit mit Willenskraft kultivieren müsse, um innerlich Vater zu werden!
(J.-J. Rousseau: Emil oder über die Erziehung, 1762)
Die Frage, die „geizige“ Männer wohl immer beschäftigt, ist die, wie viel Vaterschaft rational nun wirklich zwingend erforderlich ist.
Der Begriff „der hinreichend gute Vater“ setzte sich in einer Studie durch, wie viel Vaterschaft ein Junge/ein Mädchen nun wirklich brauche. Manche Väter schaffen es, das offensichtlich auf wenige Minuten zu begrenzen.
(Rob Parsons: Der 60-Minuten-Vater – Wie eine Stunde die Beziehung zu Ihrem Kind für immer verändert, Gerth-Medien1998)
Ohne Frage leistet natürlich auch die Mutter ihren lebenswichtigen Beitrag.
Vater und Mutter wirken auf das Kind wie ein Doppelspiegel. Väter führen ihre Kinder tendenziell „leichtfüssig“ in die weite Männerwelt ohne Angst vor Verletzungen ein. Mütter versuchen Kinder tendenziell „einzuschließen“ und vor Verletzungen zu bewahren. Beides ist ein wesentlicher Bestand des Innenlebens eines Menschen zwischen Risikobereitschaft und Aufpassen vor dem Hereinfallen. Jungen und Mädchen brauchen die liebenden, tröstenden, schützenden Arme der Mutter genauso wie den herausfordernden Vater. In dem Pendeln zwischen weich und hart entwickelt sich eine eigene Persönlichkeit, die aus beiden Polen etwas entnimmt. Daraus erwächst das Selbstwertgefühl eines Kindes.
(Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010)
Vaterschaft ab dem 4. Kindheitsjahr
Von 3- 6 Jahren an, wollen Jungs und Mädchen produktiv sein – sie wollen Mama und Papa Liebe zurückgeben und sie möchten sich nützlich fühlen – sie merken was die Eltern leisten und wollen ihnen gleichtun: Sie malen Bilder für die Wohnung, Basteln für´s Fensterbrett, erfinden Dinge und wollen herausfinden wie alles funktioniert. Jedem Vater steht es gut an auf ihre Produktivität positiv zu reagieren: Der Junge will hören, dass er ungeahntes hervorbringen kann (ein angehender Held eben)– das Mädchen will Bewunderung für ihre Schönheit (Prinzessin) oder was sie Schönes gemacht hat dem Vater hervorlocken. Sagt der Vater im passenden Moment zu seiner Tochter: „Du bist wunderschön“, wird er später beträchtlich Kosmetikkosten einsparen können! Das ist die Macht des Vaters. Sagt er zum Jungen „Du hast´s voll drauf“, so kann der Junge ein Leben daran glauben und muss sich nicht ständig vor anderen beweisen.
John Eldredge: Der ungezähmte Mann“ 2006
Schon mit 4 Jahren beginnt der erste Separationsprozess des Sohnes. Er entwickelt kurzfristig Mutterhass und kann gegenüber der Mutter richtig Aggression auffahren. NEIN – ist plötzlich ein beliebtes Wort. Nun tritt der „Gleichgeschlechtliche“ auf den Plan und saht dem Sprössling: DOCH! Das sitzt, denn das Ziel seiner Bemühungen ist schon jetzt ein Mann zu werden wie Papa einer ist. Aber die Mutter wehrt sich und steht nun in Gefahr um die Zuneigung des Sohnemannes zu stark mit ihrer Liebesfähigkeit zu werden.
„Ende des 4. Lebensjahres bis in die Pubertät beginnt ein Ringen und ein Rivalentum von Vater und Sohn um die Mutter. Dies Ödipale Phase wurde von S.Freud eingeführt: Ödipus brachte in der griechischen Mythologie den Vater um und heiratete unwissend seine Mutter und zeugte Kinder mit ihr. Der Vater hält den Sohn auf Abstand zur Mutter und der Sohn schmust mit der Mutter um seine Besitzrechte an ihr dem Vater zu demonstrieren – viele Väter flüchten in dieser Phase in den Beruf und beginnen ihre eigenen Söhne zu hassen, weil sie ihnen die Mutter (auch vermeintlich sexuell) wegnehmen.
W.S.Pollak, “The Psychologie of men”, New York 1995
Ist nun der Vater anwesend und ein gutes Gegenüber der Mutter ist dies kein Problem. Der Junge springt sozusagen zwischen Mutter und Vater und macht so kaum Schwierigkeiten.
In diesem Alter wird es sehr wichtig für den Vater diese Vater-Kind-Aktionen einzuführen – und zwar ohne die beschützende Mama!
„Wenn Kinder mit dem Vater unterwegs sind, merken sie, man kann auch mit Männern leben –sie sind fürsorglich, sie können kochen, trösten, .. das hilft ihnen ungemein zu merken, dass Zärtlichkeit und Anteilnahem durchaus kein rein weiblichen Attribute sind.. Wenn der Junge merkt, dass Papa ein liebender Mann ist, kann er später dieses Muster leben und sich als leibenden Mann seiner Frau gegenüber zeigen. Ohne dieses Muster neigt er dazu, ein Muttersöhnchen bleiben wollen, weil ja nach seinen Vorstellungen in der Männerwelt keine Begegnung und keine Liebe stattfindet. Bevorzugt in der Abwesenheit der Mutter und dem „allein auf den Vater geworfen sein“, wird das Männlichkeitsbewusstsein eines Jungen ausgebildet.“
Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010
Vaterschaft ab dem 7. Kindheitsjahr
Die Interaktion mit dem Vater findet nun oft wortlos statt. Sendet der Vater ausreichend Signale aus braucht auch nicht allzuviel Kommunikation stattzufinden – es überträgt sich mehr durch Berührung und Beobachtung als durch viele Worte. Ein Mann muss sich also kein Gewissen machen, wenn er nicht so leidenschaftlich redet wie seine Gattin. „Jungs und Mädchen beobachten Väter genau, um ihr eigenes Verhalten einzuregulieren. Insbesondere schweigsame Väter richten besonders schwerwiegende Schäden bei Kindern an, weil sie nur deuten können, was der Vater wirklich denkt über sie. Väter können Söhnen und Töchtern helfen in einen anderen Gang zu schalten – über Signale steuern Vater wie sehr sie sich zurücknehmen oder wo sie „Gas gaben sollen“. Kinder die viele Reaktionen ihres Vaters erlebt haben weisen eine gute Selbstkontrolle und Disziplin auf.
Michiaki u. Hildegard Horie: „Auf der Suche nach dem verlorenen Vater“, Brockhaus 1989
Es besteht in dieser Zeit für den Vater die Gefahr in eine Übervaterung hineinzurutschen. „Väter projektieren manchmal ihre Angst, selbst kein richtiger Mann zu sein, auf die Kinder – dann fürchten sie, der Sohn wäre ein Weichei oder ein Mamma-Söhnchen und das Mädchen würde zu gefühlsdusselig. Dann überfordern sie ihre Kinder mit überzogenen Erwartungen. Das ist falsche Übertragung und deutet auf die mangelnde Identifikation des Vater mit seiner eigenen Männerolle hin. Die Projektion auf andere erlischt, wenn man sich selbst ein guter Vater und seinem Inneren eine gute Mutter geworden ist.“
Erich Fromm: „Die Kunst des Liebens“ Ullstein 1979
Die Bibel kennt auch dieses Problem und gibt uns ein „Stoppschild“ dafür,
Kol 3,21: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht [zum Zorn], damit sie nicht unwillig werden!“
Überforderung schadet dem Kind genauso anders wie Unterforderung. Jeder Junge will seinem Vater gefallen und es lernt dabei seine inneren Grenzen zu übergehen. Der Vater muss lernen zu dem Jungen mit seiner altersgemäßen Fähigkeiten zu stehen und seine Grenzen anzunehmen.
Der Gegenpol dazu heißt Übermutterung. Untervaterte Jungs und Mädchen fürchten sich vor allem außerhalb des weiblichen Orbits – sie „bleiben“ zuhause und trauen sich keinen Schritt vor die Tür. Insofern muss der Vater die Kinder aus der schützenden Art der Mutter befreien und die Mama wiederum muss ab und zu das Kind retten vor der übertriebenem Schönzeichnerei der Außenweltdarstellungen des Vaters. Ein Zuhause ist ja auch etwas wunderbares. „Die Kinder verlassen die mütterliche Welt der Vorstellung und Phantasie und ersetzen sie durch männliche Logik und Realität.“
J. Piaget: Das Erwachen der Intelligenz beim Kinde 1936, Clett-Cotta 2003
Unser theoretisches Abstraktionsvermögen, das sehr wichtig für die Schule (insbesondere Mathematik) ist – wird in dieser Lebensphase ausgebildet.
Vaterarme Jungs und Mädchen trauen sich nicht zu, sich selbst zu ändern. Sie brauchen das äußere strenge Nein des Vaters, um auch zu sich selbst streng sein zu können. Übermutterte Jungs sind hochgradig suchtgefährdet, weil sie das harte Nein des Vaters nicht hörten. Wenn Papa im richtigen Moment (!) sagt, jetzt ist Schluss mit dem „Hosenscheißen“, dann weiß der Junge, es stimmt, ich muss jetzt sauber werden. Der Glaube des Vaters an die Fähigkeit des Sohnes bewirkt ein Wunder – seine permanente Missachtung bewirkt ein negatives Wunder – die Zerstörung einer Persönlichkeit. Mütter verschmelzen gerne mit dem Kind und trauen sich nicht hart zu sein – der Vater hat den nötigen Abstand dazu – so ergänzen sich beide. „Das schulisches Arbeitsverhalten eines Jungen wird wesentlich durch die Anwesenheit eines Vaters geprägt – Mütter tun sich sehr schwer darin, Jungen dauerhaft zum Lernen anzuhalten.“
Michael J. Diamond: „Sons to men“, Brandes und Apsel 2008
Die folgenden Fragen an uns geben uns Aufschluss wie verwöhnt oder wie unterdrückt wir einst wirklich waren. Konnte mein Vater hart zu mir sein? Wann bekam ich Strafe zu spüren und wie führte er sie aus? Wo bin ich heute manchmal zu weich zu mir und kann von etwas nicht lassen, was ich eigentlich nicht tun will?
Das zunehmende Imitationsverhalten des Sohnes freut natürlich den Vater und bestärkt ihn in seinen Bemühungen. Anders zumute wird ihm wenn die gleichen Fehler bei seinem Sohn entdeckt, die er eigentlich bei sich selbst nicht wahrhaben möchte.
„Jungs im Altern von 6 bis 8 ziehen gerne Klamotten der Väter an, spielen mit Rasierschaum und bemühen sich mit tiefer Stimme zu reden. Väter spielen mit ihren Kindern wesentlich energischer, körperbetonter und auf gröbere Weise als Mütter – sie wirbeln die Kinder umher, ermutigen sie zum Erklettern von größeren Höhen oder machen „gefährlichere Sachen“ als Mütter – sie zeigen damit dem Kind – komm in meine Abenteuerwelt -, denn die macht Spaß, da ist Spontanität und alles ist sehr lebendig – Mütter haben immer Angst, es könnte etwas passieren. Ohne Vater ertrinkt das Kind in den irrealen Ängsten der übervorsichtigen Mutter. Neurowissenschaftler beschreiben, dass solche rauen Spiele zum Aufbau de Hirnsteile führen, die die Impuls und Gefühlskontrolle des Mannes aufbauen. Auch Vätern tut diese Rauferei auf dem Wohnzimmerteppich gut. Sie entdecken ihre spielerische und kindliche Seite und fangen an, sich in ihre eigene Kindheit zu verlieben. Aber auch die Mädchen „greifen den Papa auf dem Teppich“ an – sie merken, nicht jeder Männerkontakt ist sexuell oder rivalisierend – man kann Männerkontakte erleben, die einfach nur schön und nicht beabsichtigend sind.“
Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010
Ersatzväter treten nun auf den Plan, der Junge orientiert sich nach außen und stellt fest, es gibt noch andere Männern um mich herum als meinen Vater.
Von 6 bis 12 Jahren wollen Jungs und Mädchen etwas tun – sie setzten sich eigene Ziele – oft um die Anerkennung des Vaters heraufzubeschwören. Ein weiser Vater geht zwar (zu?) sparsam mit seinem Lob um – aber er verweigert es nicht. In dieser Phase werden Trainer zu Ersatzväter, Lehrer auf den Thron gesetzt, Jungschargruppenleiter vergöttert. In Mannschaftssportarten wird ein Regelkodex erlebt, wie Männer miteinander umgehen. Dort erfahren sie einerseits Härte – aber auch liebevolle Gefühle von Männern, die (hoffentlich) ihr Mannsein begriffen haben und nicht mehr verletzend, dominant oder missbrauchend (!) (also unerlöst) sind. Sie lernen hier sozialakzeptables Verhalten. Aus Sportvereinen kann sich eine gute Soziale Kompetenz entwickeln.
Pollak, Jungen: „Was sie brauchen, was sie vermissen“ 1990
Der himmlische Vater als Ersatzvater
Wohl vor dem Hintergrund dass es unter Männern schon immer schlechte Väter gab (Römische Väter zB. durften ihre Söhne töten ohne gerichtliche Verfolgung) war die Bezeichnung Gottes als Vater im alten Testament völlig undenkbar (nur 5 mal im AT erwähnt). Dann kann Jesus und sprach völlig ungeniert von seinem Vater im Himmel und maßte sich an Sohn zu sein. Joh 17,6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart“ ….. er heißt Vater! Insofern war das „Vater unser“ völlig neu und letztendlich wurde Jesus wegen dieser Anmaßung auf gekreuzigt:
Mt 26,65: „Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.“
Bauer/Meissner: „Männer weinen heimlich“ Geschichten aus dem AT. Stuttgart 1993
Sexuelle Aufklärung
Mütter klären ihre Mädchen selbstverständlich über die ersten Menstruationen auf – Väter aber sprechen meist nie mit ihrem Jungs über nächtliche Samenergüssen – alles wird sehr schambeladen und alles Schambeladene neigt zu Suchtverhalten. Der Junge meidet nun ab 10 Jahren jegliche Nähe zur Mutter und bräuchte doch so sehr jemand der ihn berührt und ihm seine Liebe auch körperlich ausdrücket. Manchmal ist diese möglich und wenn dann beide beim Arbeiten sind werden diese offenen Momente einfach verpasst.
Nach der Latenzstadium (S. Freud) bis 12 Jahre bricht dann in der Pubertät sexuelles Verlangen deutlich hervor. Das Kind wird von einer Wucht der hin und herreißenden Gefühlen getroffen und will eigentlich oft vom Vater / der Mutter berührt werden – es kann es aber auch kaum annehmen und kaum reden darüber.
David u Claudia Arp: „Und plötzlich sind sie 13 oder: Die Kunst, einen Kaktus zu umarmen. Sonderausgabe. So begleiten Sie Ihr Kind durch die Teenagerzeit“, Brunnen-Verlag, Gießen 2002.
Aus Furcht kein richtiger Mann zu sein entsteht ein unflexibles rigides Männerbild und zeigt sich in Kleidungsstil, im distanzierten Auftreten und im Autoritätenhass (Vaterhass.) Es wird als Matchogehabe bezeichnet und ist eigentlich bei Frauen total out. Dennoch fallen insbesondere gebildete Frauen über 30 auf solche Paparazzo-Typen herein! Jungs wollen wirklich der Held der Mädchens sein und Mädchen wünschen sich in ihren kühnsten Träumen einen Prinzen herbei, der sie aus ihrem Turm errettet. Aber untervaterte Jungs haben kein Muster und Gefühl dafür, wie sich so etwas in echt anfühlt, weil der Vater abwesend oder ein viel zu weicher ein Softie war.
Shaunti Feldhahn: „Wie Jungs ticken – was Mädchen unbedingt wissen sollten, Gerth 2001
Im ersten Separationbestreben so ab 4 Jahre ist die Mutter die Leidtragende, weil der Junge den mütterlichen Orbit verlässt – im zweiten Separationbestreben ab 14 nun ist die Welt des Vaters langweilig und der Kampf der Loslösung richtet sie sich gegen den Vater, dessen Leidphase nun angebrochen ist. Der Junge hat das Gefühl in der Nähe des Vater immer der „kleine Junge zu bleiben und dazu muss er den Vaterheld nun entwerten. Der Vater erscheint dem Sohn bei diesem Hintergrund des Loslösungswunsches als streng, unnachgiebig, intolerant, machthungrig, nicht teilungsbereit und altmodisch überkommen.“
Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010
Der überstarke Vater lässt den Jungen nicht hochkommen „Väter, die ihre Unvollkommenheiten vor ihren Kindern verbergen, vermitteln die Botschaft, dass Männer keine Fehler oder Grenzen haben dürfen. Nur wenn der Sohn den Vater seine Schwächen
zugeben sieht, kann er sich auch selbst vergeben lernen. Er kann
seine Schwächen akzeptieren und besser mit Hindernissen und Rückschlägen umgehen.“
Steve Biddulp: „Männer auf der Suche – 7 Schritte zur Befreiung, Heyne 2003
4. Die Rollenumkehr zwischen Vater und Sohn
Vaterschaft ab dem 18. Kindheitsjahr
„Die Identitätskonflikte des Vaters nehmen beim Erwachsenwerden des Sohnes zu. Söhne ab 14 Jahren aktivieren die alten Identitätsproblem des Vaters. Haben sie schon seit 2 Jahrzehnten alle Anfragen an sich selbst, wer bin ich, erfolgreich umschifft, so trifft sie mit besonderer Wucht jeder auch noch so kleine Angriff des Sohnes / der Tochter. Die Frage, was soll ich aus meinem Leben machen, beantwortet der Vater meist muffelig oder wütend – er will sich selbst dieser Frage ja nicht stellen. „Ein Sohn brüllte einmal seinen Vater an: Kümmere dich endlich mal um dich und nicht andauernd um mich. Es wird Zeit dass du dir Freunde suchst und ein eigens Leben aufbaust. Ohne Mama und uns Kinder wärst´ du doch hoffnungslos verloren in dieser Welt. Diese Anklage beendete die Vater Sohnbeziehung für 5 Jahre – einfach darum weil sie eben wahr war.“
Michael J. Diamond: Sönne und Väter, Brandes und Apsel 2010
„Jeder Mann hat eine lebenslange Sehnsucht nach einer männlichen Präsenz, die bestätigt und Leistung anerkennt und zu eigenen Schritten ermutigt. Die bewusste Suche nach dem Anecken bei Autoritäten wie Lehrer, Polizei und Staatl. Ordnungen ist auf diesen Vaterhunger zurückzuführen. Jungs suchen nach Regeln und prüfen, ob sie eingehalten werden müssen. Stoßen sie beim zu weichen Vater auf keinen erbitterten Widerstand, so suchen sie es bei Kaufhausdetektiven, Jugendämtern oder rechts- oder linksradikalen Gruppen. Nicht wenige Männer würden für ein Schulterklopfen des Chefs alles für ihn tun, nur darum weil Ihr Vater in ihren ein Bestätigungsloch hinterlassen hat.
James Herzog: “Fathers and Sons – Father-Hunger”, Hillsdale 2001
Scheidungskindern bricht plötzlich ein Teil ihrer Identität weg. „Scheidung ist für das Kind so schwer, weil es sich entscheiden muss für einen Teil der Persönlichkeit … und doch aus beiden besteht. Es spaltet die Gefühle für Mama und Papa auf und „muss den anderen auf Befehl“ hassen. Gerade aber in der Anwesenheit beider konträren männlichen und weiblichen Emotionen entwickeln sich die stabilsten Kinder. Darum ist es wichtig die Kinder „hin- und herzureichen, denn nur so können sie aus beiden Anteilen eine eigene stabile Persönlichkeit aufbauen!“
Steve Biddulp: „Jungen – Wie sie glücklich heranwachsen“, TaschenBuchBeust 2000
Eine wichtige Frage für den Jungen Mann ist, wie er mit Autoritäten achtungsvollen Umgang entwickelt. Wird er autoriätenhörig oder bekommt er einen Autoritätenhass?
Ab 12 fängt der Sohn an Autoritäten zu hinterfragen, Lehrer, Väter Politiker – alles sind plötzlich keine Helden mehr – sie werden von ihren Thronen gestürzt. Der Sohn will dem Vater gleichkommen. Es kann Eiseskälte zwischen Vater und Sohn entstehen. Mord hat viele Gesichter; Gleichgültigkeit, Schweigen, Pfeile schießen, schlecht reden über ihn, … und tatsächlich physisch. Oft sind die Jungendlich mehr über ihre eigene Unfähigkeit, selbst zu wissen was sie wollen, enttäuscht und klagen den Vater an, der seinen Weg schon irgendwie gefunden hat. Das ist Projektion, aber indem sie dem Vater Fehler vorwerfen, brauchen sie nicht ihre eigenen anzuschauen. „Am liebsten würden sie den Alten umbringen, auch wenn sie sich nie trauen sich solche Gefühle zuzugestehen. Der Prozess der Loslösung aber erzeugt aber auch ein Gefühl der Leere in ihnen, der Verlorenheit und der Entfremdung und dies macht sie offen für positive und negative Überväter.“
Richard Rohr: „Der wilde Mann“ Claudius 2002
Der Vater ist in dieser Zeit der stille Begleiter des Sohnes. Er Coacht ihn, er ist da, er ruft an bei ihm und zeigt Interesse. Wann sich eine erneute Vatersohn-Begegnung ereignet muss man feinfühlig abtasten und sich förderlich verhalten.
Vaterschaft ab dem 24. Kindheitsjahr
Ist der Sohn beruflich auf seinem Platz, fängt die Vaterbeziehung häufig an zu heilen. Dias lästige Abhängigkeitsverhältnis ist gelöst und beide fangen an sich zu entspannen und sich von ihrer bisher eingenommenen Rolle zu lösen. Sie sollten Freunde geworden sein, sonst ist die Beziehung jetzt aus. Nicht viele Väter bekommen dies hin, darum wird dies im nächsten Kapitel weiterbehandelt. Die günstigste Variante für beide ist die geistliche Vaterwerdung des Vaters.
Dazu sind aber gewissen Vorraussetzungen nötig, die heutzutage längst nicht mehr selbstverständlich ist.
Dazu muss der „Anwärter auf Vaterschaft“ folgende Weichen gestellt haben:
sein eigenes Leben muss Revue passiert sein
es muss eine gnädige Bewertung bekommen haben
man muss die alten Hypothesen über Bord geworfen haben, die einen dahin brachten
die eigen Polaritäten zwischen Frau und Mann müssen bekannt sein und sich miteinander versöhnt haben
erste Entscheidungen, was man in der 2. Lebenshälfte machen will müssen gefallen sein
Vaterschaft ab dem 30. Kindheitsjahr
Um die vierzig bis fünfzig gerät der Vater selbst in eine Sinnkrise, genannt die Midelifecrisis. Wenn er bis dorthin nicht seinen Vater als den nimmt, der er realistisch war, behindert ihn das an seiner Reifung zum geistlichen Vater für andere. Die eigene Identitätsbildung ist erst einigermaßen in trockenen Tüchern, wenn man ein realistisches Bild seines Vaters zeichnen kann. Die Entdeckung des eigenen Vaters ist gleichzeitig auch Selbsterkenntnis, denn in vielem Ticken wir ähnlich wie er. Ist die Kluft zwischen Vater und Sohn zu tief oder die Distanz zu groß kann kein Vater-Sohn-Gespräch stattfinden. „Mit unter ist aber auch eine Versöhnung mit dem bereits verstorbenen Vater möglich.“
Diamond: Söhne und Väter, Barndes §Apsel 2011
Eine Wiederannäherung jedoch kann von beiden Seiten aus geschehen. Der Erste ist der Führende – also Männer bemüht euch.
Stellt sich der Vater um die 45 nicht dieser Realität des Inneren Umbruches versucht er sie hinauszuschieben mit Sportwagen, Trophäenfrau oder körperschädigende Sportarten. Das wirkt auf den Sohn recht komisch. Der Vater weigert sich alt zu werden oder aber er resigniert und macht nichts aus seinem Älterwerden und versucht sich jung zu halten anstatt die Change zu nutzen ein geistlicher Vater zu werden.
Gerade wenn die eigenen Söhne älter werden, muss man zugeben, dass man nicht mehr jung ist und an Stärke verliert. In vielen Fällen übertreffen nun die Söhne den Vater, sei es sportlich, beruflich oder gemeindlich. Den Sohn als Rivalen zu sehen schürt wieder die Hassgefühle des Vaters und entzweit ihn mit seiner eigenen Seele, weil er ja eigentlich weiß, dass er seinen eigenen Sohn lieben muss, um sich selbst zu lieben, schließlich ist er aus ihm hervorgekommen. In der Lebensphase ab 45 wurden die besten Bücher geschrieben, die besten Erfindungen zum Wohle der Menschheit gemacht oder noch mal eine neue Hilfsorganisation gegründet.
Die meisten Männer haben schwere Zeiten für sich, wenn ein neues Männlichkeitsbewusstsein hier entstehen soll. Worüber sie früher ihr Mannsein definiert haben ist passe´ und nun müssen sie sich vielleicht für mehr weibliche Adjektive wie Empfindsamkeit, Innerlichkeit und Güte erwählen.
Schwierigkeiten des Sohnes und des Vaters
Plötzliche „Abstürze“ von Männern – egal nun ob Sohn oder Vater – resultieren zumeist daraus, dass der Vater sie ebenso plötzlich verlassen hat sei es durch Scheidung, Tod oder berufliche Veränderung, sodass er sich innerlich vom Sohn verabschiedet hat. Oft führt ein Streit mit dem Sohn zum inneren Schwur des Vaters, „er ist für mich gestorben“. So hasserfüllt kann die eigene Seele sein, dass sie so bitter reagieren kann.
Der Sohn will sich seinen Schmerz bei Verlassen werden durch den kränkelnden oder zurückgezogen mit sich selbst beschäftigten Vater nicht wahrhaben, tut so als er froh wäre, den Alten los zu sein, seine Seele aber dürstet innerlich nach ihm und er entwickelt ein starkes Trostbedürfnis, das er zumeist leider bei Frauen sucht – also der Mutter oder der Freundin. Man hat einfach nicht gelernt, dass vorwiegend nur von Männern gespendeter Trost den männlichen Anteil in der Seele satt machen kann.
In einem Absturz des Sohnes werden zunächst alle Vatergefühle auf das nahe liegende männliche Gegenüber übertragen, Der Chef ist plötzlich so wie sein Vater, der Pastor oder Pfarrer reagiert wie sein Vater, der Seelsorger ist auch nicht besser. In der blinden Wut der Seele werden alle Männer über einen Kamm geschert und es finden blose Übertragungen statt. Der zur Hilfe Geeilte muss das wissen, sonst denkt er, er wäre noch an allem Schuld. Wut macht blind, daran leiden viele Seelsorger, die erst mal den ganzen Vaterhass des Klienten abbekommen und damit erst mal leben müssen. Der Klient muss erst ein neues Männlichkeitsverständnis aufbauen – nämlich dass ein Mann sehr wohl gütig, warmherzig und treu sein kann, verkraften und es mit seinem latenten Männlichkeitsverständnis versöhnen bevor bereit ist Hilfe anzunehmen.
Sein Männlichkeitsgefühl trat vermutlich bislang nur bei Heldentaten auf – nun muss er lernen, dass Vaterschaft oft nicht so heldenreich aussieht, sondern beschmutzt wird und dass es schön ist einem aufbegehrenden „Teenie“ gegenüberzustehen, ohne die Flucht zu ergreifen zu müssen. Das ist nämlich auch männlich!
Oft bringt in dieser Lebensphase der Sohn auch den Vater zurecht. Der Sohn stößt die Altäre des Vaters um weiß nicht wie dieser reagiert. Das ist das erste Kennzeichen einer Rollenumkehr.
Ri 6,25: „Und es geschah in jener Nacht, da sprach der HERR zu ihm: Nimm einen Stier von den Rindern, die deinem Vater gehören, und zwar den zweiten Stier, den siebenjährigen! Und reiße den Altar des Baal, der deinem Vater gehört, nieder und die Aschera, die dabeisteht, haue um!“
Der Sohn will Nähe und wenn er sie nicht bekommt legt er seine Loyalität beiseite. Er fordert ihn heraus, wie man das bei Tieren in der freien Wildbahn beobachten kann.
Wenn der Sohn Nähe will,, bekommt es der Vater nur hin, wenn er jetzt Schwächen und Fehler vor ihm eingesteht. Damit das gut geht muss der Vater schon weise geworden sein. Der Vater muss lernen seine Deckung der vermeintlichen Stärke fallen zu lassen und dem Sohn offen sagen zu können woran er leidet. Oft schämt sich ein Mann seiner Schwächen, dabei ist es doch sinnvoll sie zu äußern. Sie bauen dem Sohn die Brücke eben auch schwach sein zu dürfen.
Alles endet damit, dass der Vater irgendwann stirbt.
Nicht weniger Männer bekommen dann im Angesicht des Todes mit ein bisschen Gnade und Mut eine Versöhnung zwischen Vater und Sohn einigermaßen hin.
Aber diese Ehre ist nicht jedem Vater oder Sohn geschenkt. Unfälle, Kriege aber heutzutage vor allem fehlender Mut oder Reifung führt dazu, dass viele Männer damit leben müssen, dass sie unversöhnt den Vater verlassen mussten. Das bedeutet emotional eine beträchtliche Einschränkung des Wohlbefinden des Sohnes, der nun damit leben muss, es „verpasst“ zu haben. Das hört man recht häufig in Männerkreisen.
Durchaus aber ist eine Versöhnungsarbeit auch über den Tod des Vaters hinaus möglich. Schuld erlöscht nicht automatisch mit dem Tod, was diese Männer insgeheim sich erhoffen, wenn der Vater „endlich“ tot ist – sie heftet uns als Erbsünde an und raucht einen der die Familiengeschichte aufarbeitet und zur Vergebung bringt.
2.Mo 20,5: „Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, an der dritten und vierten Generation von denen, die mich hassen, und der Gnade bewahrt an Tausenden von Generationen, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, an der dritten und vierten Generation.“
Ich habe Männer in meiner Männerarbeit, die sagen nach dem Tod wurde es schlimmer – die Last hat „der Alte“ nicht etwa mit ins Grab genommen, er hat sie dem Sohn ´rübergeschoben.
Der Tod des Vaters ist also nicht die Beendigung der Vater-Sohn-Beziehung, davor ist ausdrücklich zu warnen, das wäre zu kurz gedacht. Die Vater-Sohn-Beziehung hat eine Ewigkeitsdimension.
Nicht wenige Männer nutzen dies als schnelle Ausrede, sich nicht mit ihrer Vaterbeziehung auseinander zu setzen zu müssen. Somit geht ihn aber die ganze Versöhnungsarbeit, die jeder Mann nun mal machen muss verloren und seine Weiterentwicklung zum reifen geistlichen Vater stockt.
Wie schade, dass so wenig Männer diesen Inneren Weg gehen – darum haben wir auch so wenige geistliche Väter an die wir uns wenden können.
LITERATURTEIL
GEO Wissen, „Väter, was sie so besonders macht“ GeoHeftreihe 2010
J. Piaget: Das Erwachen der Intelligenz beim Kinde 1936, Clett-Cotta 2003
M.O.Connel: “The good father”, New York 2005
Bruners, W: „Wie Jesus Glauben lernte.“ Christopherusverlag 1988
Dan Schaffer, „Geistliche Väter“, CMT-Eigenverlag 2007
William F.Pollak: „Jungen – Was sie vermissen, was sie brauchen“, Beltz 2001
Michael J. Diamond: „Söhne und Väter“, Brandes und Apsel 2010.
Sam Keen: „Feuer im Bauch – über das Mann-Sein, Kabelverlag 1991
Steve Biddulph: Jungen – Wie sie glücklich heranwachsen“ Heyne 2002
Steve Biddulph: „Männer auf der Suche“ – Sieben Schritte zur Befreiung“, Heyne 2003
Brennan Manning: „Kind in seinen Armen – Gott als Vater erfahren“, SCM Brockhaus 2011
FOLIENTEIL